Königsorden
Upsprunge von 1865 wieder aufgetaucht
–
Untersuchung
zu Schützenfesten in Upsprunge von 1857 bis 1871
–
Allgemeines
zum Schützenwesen 1850 – 1870
–
Vervollständigung
des Ordens
Anfang
2018 fand Frau Garbriele Müller in St. Katharinen am Rhein beim Aufräumen ihrer
Wohnung, in der auch Heinrich Schilling lebte und 2017 verstorben war, einen
Königsorden mit der Gravur:
„Dem
besten Schützen - Upsprunge 1865“.
Wegen
der Nachforschungen, wer denn 1865 der König war, ist eine umfangreiche
Erforschung der Familie Schilling erstellt worden. Ermittelt wurde:
Es
war Joseph Schilling vom Hof Schilling, gent. Andreasmeier.
Siehe
dazu Einzelheiten in den folgenden Presseberichten:
Quelle:
Westfälisches Volksblatt vom 27.06.2018 |
Quelle:
Der Patriot – Geseker Zeitung - vom 29.06.2018 |
1. Dabei
stellte sich die Frage, der wievielte König er seit der Gründung 1857 gewesen
ist?
Dazu
habe ich das Buch mit den Kopien der Schützenvereins-Unterlagen, Band 1 von
1857 -1938 durchgesehen.
Die
„Schützengesellschaft zu Upsprunge“ wurde am 31. Juli 1857 mit dem Beschluss
einer Satzung gegründet. Diese sah in § 12 vor, dass ein Vogelschießen (bei dem
Schützenfeste) eingeführt wird, jedoch kann gleichzeitig ein Scheibenschießen
gehalten werden. „Wird der Vogel am 1ten Tage nicht herunter geschossen,
alsdann wird das Schießen am 2ten Tage fortgesetzt“. In § 15: „Wer den Vogel
herunter schießt, wird König...“ Diese Satzung unterschrieben 23 Männer über 20
Jahre, fast ausschließlich Bauern. Darunter auch Joseph Schilling, Heinrich
Schilling, Franz Schilling und Eduard Schilling.
Die
Statuten mußten erst der Königlichen Regierung (in Minden) eingereicht werden.
Die Genehmigung zog sich hin.
Der
Landrat in Büren teilte endlich am 20.10.1857 mit, dass die Königliche
Regierung in Minden die Statuten nicht zur Bestätigung geeignet halte und
machte zu einzelnen Paragraphen Bemerkungen. Also fand 1857 kein Schützenfest
statt.
Daraufhin
verfassten die Schützenbrüder einen neuen Text, der am 26. März 1858
beschlossen wurde. Es wird zwar in § 4 Abs. 1 von einem Vogelschießen gesprochen;
in Abs. 3 „wer den besten Schuß macht, wird als König gekrönt und erhält von
der Kompanie ein Ehrenzeichen“. Es unterzeichneten 61 Mitglieder, Bauern oder
Handwerker, darunter wiederum Schilling Joseph I, Schilling Franz und Schilling
Eduard, ebenso Schilling Joseph II und Schilling Heinrich.
Im
Mai wurden der Oberst und der Vorstand gewählt. Zunächst habe ich angenommen,
dass kein Fest stattgefunden hat, wie auch in Verne oder Paderborn. Da ich aber
heute zufällig gelesen habe, daß die Schützengesellschaft 1858 vom
Schützenverein Salzkotten alte Majors-Epaulets (Offiziers-Schulterstücke)
kaufte (s. Chronik von Sobbe, Band 20, S. 35), könnte beides ein Indiz dafür
sein, dass damit Festvorbereitungen getroffen wurden und 1858 doch das erste
Schützenfest in Upsprunge stattgefunden hat.
Damit
wäre das Fest im Jahre 1859 nicht das erste, sondern schon das zweite Fest nach
der Gründung 1857. Daß es stattgefunden hat ist aus der Rechnung von Louis
Rincheval vom Jan. 1863 abzuleiten. Er stellt in der Rechnung für 1862 den
„Rest der Schützen Rechnung pro 1859 mit 6 Rthl. und 25 Silbergroschen“ in
Rechnung. Ebenso die Zinsen für drei Jahre zu 8 % mit 15 Sgr.
1860
(wahrscheinlich wg. der Mission) und 1861 feierte die Schützengesellschaft kein
Fest.
Fest
steht es für 1862:
1.
Nach dem Vermerk vom 3. August 1862, in dem um Erlaubnis gebeten wurde, am
28ten und 29ten n. Mts. „hier an dem bei L. Rincheval bestehenden
Scheibenstande Scheiben Schießen und nachher bei denselben Tanzen zu dürfen“.
2.
Beschluß der Schützen vom 27. August 1862 – 60 waren anwesend –, am 28ten und
29ten n. M. das Schützenfest zu feiern.....
3.
Wahl der Chargen des Schützenvereins am 27. August, vom Oberst bis zum
Ausschußmitglied, offensichtlich für das bevorstehende Schützenfest.
4.
Nach dem Protokoll vom 8. Sept. 1862, nach dem „dem Gast- und
Schankwirtschafts-Besitzer L. Rincheval die Restauration beim hiesigen
Schützenfest“ übergeben wird. „in den vom Herrn Vorsteher Meschede hergegebenen
Räumen“.
5.
Auftrag vom 10. Sept. 1862 an Georg Brand aus Salzkotten, ein Tanzzelt zu
leihen. Dieses bestätigt auch die Rechnung von Louis Rincheval aus Jan. 1863
für das Schützenfest 1862.
Und
schließlich die Jahresrechnung für 1862. In ihr erscheinen 71 Mitglieder mit
einem Jahresbeitrag von je 1 Rthl. und 5 Sgr. in der I. Abteilung etc., u. a.
Josef Schilling. Bei den Ausgaben werden genannt u. a.: Für Scheiben Schießen 4
Rt 15 Sgr, für Königs Schild 2 Rt.
Damit
enden die Dokumente der Schützengesellschaft und beginnen erst wieder 1911.
Es
ist anzunehmen, dass 1863 erneut ein Schützenfest gefeiert wurde, das vierte.
Es standen im Sommer keine Ereignisse im Dorf oder in Deutschland dem entgegen.
Wohl aber zum Ende des Jahres durch den Krieg gegen Dänemark, als 17 Männer aus
Upsprunge unter preußischer Fahne kämpften.
Dieser
Krieg zog sich bis in das Jahr 1864 hin. Einmal waren Soldaten im Krieg, zum
anderen werden die Sorgen keinen Gedanken an ein Schützenfest haben aufkommen
lassen.
Wenn
auch in Salzkotten ein Fest gefeiert wurde, so fand es nicht statt in Scharmede
(auch 1863 nicht), Paderborn, Verne (auch 1863 nicht), Lichtenau.
So
kam das Jahr 1865, in dem ein Fest gefeiert wurde und Josef Schilling beim
Scheiben-Schießen der beste Schütze war und aus der Hand des Oberst Caspar
Werner, der eine blau-weiße Schärpe trug, den Orden erhalten hat.
Also
war Josef Schilling der fünfte König seit der Gründung.
Die
Versuche einer Gravuränderung an der Zahl 5 auf 6 lassen darauf schließen, dass
Josef Schilling auch 1866 der beste Schütze gewesen ist. Ob aber ein
Schützenfest bei dem ausgebrochenen Deutsch-Österreichischen Krieg gefeiert
wurde, bei dem 25 Upsprunger Männer eingezogen wurden, ist zweifelhaft. In
Salzkotten fiel es aus wegen der Cholera, in Scharmede wurde es gefeiert, in
Verne nicht, in Paderborn auch nicht.
1867,
ebenso 1868 und 1869 werden „Scheiben Schießen“ und Schützenfest gefeiert
worden sein, ehe durch den Deutsch-Französischen Krieg keinem zum Feiern 1870
und 1871 bei 32 eingezogenen Männern zu Mute war. So auch nicht in Verne. Es
kann aber auch sein, dass im Jubel um den Sieg und die Gründung des Deutschen
Reiches gerade deshalb 1871 ein patriotisches Fest gefeiert worden ist, wie in
Thüle.
Es
gab auch andere Orte, da wurde selbst 1870 Schützenfest gefeiert. In Verne erst
ab 1872 wieder, auch in Scharmede, Paderborn.
„Nach
dem Krieg kennt die patriotische Begeisterung keine Grenzen. Wie allerorts
üblich schließen sich die Kriegsveteranen und Reservisten zu Kriegervereinen
zusammen. Ebenso auch in Upsprunge im Jahre 1874“, so heißt es in der
Festschrift der hiesigen Soldaten-kameradschaft im Jahre 1999. Dadurch wird die
Schützengesellschaft ein Schattendasein geführt und keine Anhänger gehabt
haben, die ein Schützenfest feiern wollten.
Für
das Jahr 1858 und die Jahre nach 1865 sind es Annahmen und Vermutungen des
Ortsheimatpflegers, da Belege dafür fehlen. In anderen Orten, vor allem dort,
wo keine Kriegervereine gegründet wurden, ist dieses für die Schützenvereine
besser verlaufen.
Der
Gemeindechronist hat weder die Gründung noch Schützenfeste ab 1857 erwähnt.
2.
Allgemeine Informationen zum Schützenwesen der Zeit um 1857
In
den Jahren 1856/57 gab es eine Vereins-Gründerhaussee. Damit kam es auch zu
einem Anstieg der Gründung von Schützenvereinen. Dieses waren nun Vereine mit Satzungen,
die von den Aufsichtsbehörden nach dem neuen Bundesvereinsgesetzes von 1854 -
nach der gescheiterten Revolution von 1848 - verlangt wurden, während es vorher
lose Vereinigungen waren, die schon seit langem einmal im Jahr ein Fest
feierten, also „Festvereine“.
Die
Gründung in Upsprunge hängt zeitlich auch zusammen mit der Phase der
Vorbereitung zur Gründung des Deutschen Schützenbundes.
Näheres
siehe das Buch „Die Schützenvereine im Rheinland und in Westfalen 1789 – 1939“
von Walter W. Plett, Köln 1995, besonders Abschnitte IV. 4 und IV.5.
3. Feiern
in Upsprunge vor 1857
Schützen
wird es in Upsprunge schon vorher gegeben haben, die Aufgaben der Bürgerwehr
etc. übernahmen. Es gab auch vorher schon Feste junger Männer, bei denen
getanzt wurde. Beispiele: Der Gemeindevorsteher erteilte 1836 und 1837 die
Erlaubnis, dass sich die Zünfte bzw. Junggesellen am 30.10.1836 bzw. 29.6.1837
bis abends 10 Uhr treffen dürfen (sh. Nachlass Schilling).
Nach
der Schützenchronik wurden erst 1906 wieder erste Versuche zur Wiederbegründung
eines Schützenvereins unternommen, die 1911 zum Erfolg führten.
Weitere
Jahre habe ich nicht untersucht. Dazu verweise ich auf die Ausführungen in den
Festschriften und dem Beitrag der Schützenbruderschaft im Buch „800 Jahre Upsprunge“.
4. Wie sah
der komplette Orden aus?
Frau
Müller aus St. Katharinen sandte nur einen Teil des Ordens zu. Es war das
gewölbte Vorderteil mit der Gravur. So konnte er damals nicht getragen worden
sein. Um festzustellen, was fehlt, habe ich das Schützenbuch Salzkotten von
Hans Kohlenberg durchgesehen und auf Seite 357 eine Abbildung eines Ordens aus
dem Jahr 1857 gefunden.
Uhrmachermeister
von Sobbe in Salzkotten besitzt noch vier Orden aus der Zeit von 1860 bis 1910.
Als Vorlage besorgte ich einen Orden aus 1880 vom Brudermeister Möller in
Salzkotten.
Goldschmied
Gerken hat den silbernen Rahmen, die gewölbte Rückseite (ohne Gravur) und den
Aufhänger fristgerecht bis zum 21. Juni gefertigt und die Vorderseite
aufpoliert. Er sieht wie neu aus und wurde zum Schützenfest im Zelt gezeigt. Er
kommt nun in den Schaukasten der Königsorden im Foyer des Bürgerhauses.
Upsprunge im Juli 2018
Norbert Schulte
Ortsheimatpfleger